"DIE BETENDEN":

Anregungen zum Gespräch mit Gott

Paul Lafontaine

"Die Betenden" ist der Titel eines kleinen, 86 Seiten starken und kürzlich erschienenen Buches mit der farbigen Darstellung von zwölf im Gebet vertieften Gläubigen der Künstlerin Sylvia Vandermeer, sowie den passenden Gebeten und Meditationen von Anselm Grün.In unserer narzisstischen Konsumgesellschaft ist Gott scheinbar kein Thema mehr. Wieso also durch das Gebet Kontakt zu ihm aufnehmen, wenn er uns gleichgültig geworden ist? Umso bemerkenswerter ist dieses Buch, dem es gelingt, durch Bild und Text, beim Leser wieder die Freude am persönlichen Gebet zu wecken.

Da sind zuerst die zwölf Bilder der Betenden – Zwölf, wie die magische Zahl im Alten und Neuen Testament: Die Stämme Israels, die Apostel... Sie sprechen den Betrachter auf Anhieb durch ihren Realismus und die kräftigen, kontrastreichen Farben an. Es sind Porträts von Menschen aus unserer Zeit in einer besonderen Lebenssituation: Der freudig singende Seminarist aus Nigeria; die junge Frau aus Korea beim Rosenkranzgebet; die Großmutter; die alte Frau neben der jungen; der Knabe, der eine Kerze anzündet; die Schwangere; der todgeweihte Familienvater oder der von den DDR-Erlebnissen Gezeichnete; der Pfarrer, der junge Franziskaner... Beeindruckend ist die Gebetshaltung mit der expressiven
Darstellung der Hände, des Gesichtsausdrucks und der Augen. Sie zeigen Begeisterung, Freude, Ergebenheit, Zuversicht. Das Buch schließt mit der Madonna, Zentrum jenes Bildes, das die Künstlerin die Ehre hatte, 2006 während einer Audienz, dem Papst selbst zu überreichen.Die gläubige Katholikin und habilitierte Wirtschaftswissenschaftlerin Sylvia Vandermeer (geb. 1968) ist als Künstlerin insbesondere wegen ihrer (foto-)realistischen Fine Art Malerei mit profanen und vor allem mit religiösen Themen bekannt. Sie lebt und arbeitet in Wien, Berlin und im Ostseebad Binz.(www.sylvia-vandermeer.de)

Die Gebete und Begleittexte sind nicht weniger tiefgründig. Sie stammen von Pater Anselm Grün (geb. 1945), dem promovierten Theologen und bestbekannten und viel gelesenen christlichen Autor, Seelsorger, Kursleiter und Referent. Der studierte Betriebswirt ist außerdem der Cellerar der zahlreichen Betriebe seines Klosters Münsterschwarzach.(www.anselm-gruen.de)

Die Gebete sind ergreifend einfach und berühren durch ihre verständliche Sprache und ihre Wahrhaftigkeit. An Gott gerichtet, enthalten sie Anrede, Anliegen, Lobpreisung und Bitte um Erfüllung. Die Gebete haben daher vieles mit den sonntäglichen Fürbitten aber auch mit den Psalmen (so das "Gebet in Bedrängnis") gemeinsam. Niemals jedoch hadert der Betende mit Gott, sondern dankt ihm für das Gute im Leben und erfleht Beistand und Segen.

Die Begleittexte vertiefen Bilder und Gebete. Auch sie gebrauchen eine allgemein verständliche Sprache ohne Pathos und sind reich an Denkanstößen und Anregungen zur Veranschaulichung der jeweiligen Gebetssituation. Am Ende der Meditation "Gebet als Weg nach innen", in deren Mittelpunkt Maria steht, gibt Anselm Grün eine anspruchsvolle Definition vom Sinn des Gebets: "Das ist das Ziel jedes Betens: durch alle Turbulenzen unseres Lebens hindurch an den inneren Ort der Stille und der Ruhe zu gelangen. Dieser Ort ist in uns (...) Hier wohnt Gott in mir. Hier bin ich am Ziel. Hier habe ich teil am Heil meines Gottes". In seinem Geleitwort schreibt Msgr. Georg Austen über die Zusammenarbeit von Künstlerin und Autor: "Dabei ist es ihnen (...) gelungen, Anstöße für eine zeitgemäße 'Gebetsschule' zu geben und Wege aufzuzeigen, die oft erschreckende Banalität unserer täglichen Bedürfnisse und Gewohnheiten zu transzendieren". 

Zusätzlich schuf die Künstlerin zwölf farbige Glasstelen mit den Betenden aus dem Buch. Diese Kunstwerke sind in einer Wanderausstellung von Juni 2012 bis 2018, vorerst in zahlreichen Hauptkirchen Deutschlands (angefangen mit der Kathedrale von Wismar), Österreichs und der Schweiz zu sehen.

Sylvia VANDERMEER, Anselm GRÜN. Die Betenden. Vier-Türme
GmbH Verlag, Münsterschwarzach 1. Aufl. 2012; 86 Seiten, broschiert, 24,5 x 14,5 cm, 12,9€

ISBN 978-3-89680-561-4